Nachricht | Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Arbeit / Gewerkschaften Auf umgekehrten Güterwegen

Berlin – Duisburg – Rotterdam: Tagebuch einer Vernetzungsreise zu den Arbeitsbedingungen in Häfen

In der Öffentlichkeit wird in den letzten Jahren verstärkt über Arbeitsbedingungen in transnationalen Lieferketten diskutiert. Insbesondere nach dem Einsturz des Rana Plaza-Hochhauses 2013 in Bangladesch oder den Selbstmorden chinesischer ArbeiterInnen in den Fabriken des Apple-Zulieferers Foxconn werden vor allem Zustände in den Produktionsstandorten der Textil- oder Elektronikindustrie problematisiert.

Die Frage, unter welchen Konditionen diese Güter transportiert werden, spielt in dieser Diskussion dagegen bislang noch keine große Rolle. Dies ist befremdlich, denn tatsächlich ist kaum eine andere Branche so sehr Vorreiter der Globalisierung wie die Handelsschifffahrt. Sie rekrutiert ihr Personal seit vielen Jahrzehnten auf einem weltweiten Arbeitsmarkt. Durch die seit den 1950er Jahren forcierte Ausflaggung in sogenannte «Billigflaggenstaaten» werden nationale Schutzmechanismen wie Arbeitsgesetze und Tarifverträge systematisch unterlaufen. Zugleich sind die Konvergenzpunkte der internationaler Lieferketten – die Häfen – Zentren sozialer Konflikte und gewerkschaftlicher Organisierung im transnationalen Raum.

Unter dem Titel «Auf umgekehrten Güterwegen» organisierte die Rosa-Luxemburg-Stiftung vom 21. bis 26. Juni eine Vernetzungs- und Informationsreise. Die Reise führte vom Berliner Westhafen über Duisburg, den wichtigsten Binnenhafen Europas, nach Rotterdam als bedeutendstem Überseehafen des Kontinents. An den verschiedenen Stationen der Reise fanden Betriebsbesichtigungen, Hafenrundfahrten, Gespräche mit verschiedenen Akteuren (vor allem mit GewerkschaftsvertreterInnen und Betriebsräten), Vorträge und Diskussionsveranstaltungen statt.

Ziel der Reise war, soziale Konflikte entlang globaler Lieferketten und logistischer Knotenpunkte besser zu verstehen und Organisierungsprozesse von Beschäftigten durch Informationsaustausch und Vernetzung zu fördern. Fragen von Arbeitsmigration waren dabei ebenso bedeutend wie Kämpfe um Mindeststandards in der Entlohnung von Seeleuten und Hafenbeschäftigten.

Stationen:

  1. Berlin: Der Berliner Westhafen hat sich in den vergangen Jahren zu einem städtischen Güterverkehrszentrum entwickelt, an dem pro Jahr rund 3,4 Mio Tonnen Güter angeliefert werden.
  2. Duisburg: Der Duisburg-Ruhrorter Hafen ist der größte Binnenhafen Europas, in dessen Umfeld rund 40.000 Menschen arbeiten.
  3. Rotterdam: Der Seehafen Rotterdam ist der größte Hafen Europas, in dem zur Zeit rund 90.000 Menschen arbeiten. Weltweit reiht er sich unter die Top-Five der international größten Hochseehäfen ein und macht allein sieben Prozent des niederländischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Es ist ein Hafen mit einem großen Expansionsdruck, der vor allem als europäischer Umschlagsort von Erdöl gilt.

Die Reisegruppe setzte sich aus  15 Personen zusammen, bestehend aus Haupt- und Ehrenamtlichen der Rosa-Luxemburg-Stiftung, StipendiatInnen, GewerkschaftlerInnen, NGO-MitarbeiterInnen, Abgeordneten, JournalistInnen und KünstlerInnen.

TeilnehmerInnen bloggten für uns von der Reise: dasND.de/gueterwege


Begleitveranstaltungen:

Auftakt bildet eine öffentliche Abendveranstaltung am 21.6. in Berlin unter dem Titel:
«Safe Havens» oder kein Land in Sicht?
Soziale Konflikte in der Hafenwirtschaft und Seeschifffahrt

Weiter geht es mit einer Diskussion mit Dr. Rolf Geffken, Autor des Buches «Arbeit und Arbeitskampf im Hafen» am 23.6. in Duisburg:
Gewerkschaft am Kai
Zur Geschichte der Hafenarbeit und der Hafengewerkschaften