Nachricht | Geschichte Freiheit. Die Kunst der Novembergruppe 1918-1935, München 2018

Buch zur Ausstellung in Berlin ist neues Standardwerk zu dieser kunstpolitischen Vereinigung

Information

Angestoßen durch die Novemberrevolution organisieren sich auch Kultur- und Kunstschaffende in eigenen, auf ein öffentliches Agieren gerichteten Zusammenschlüssen. Ende November 1918 gründet sich in Berlin die Novembergruppe. In ihrem Gründungsmanifest schreibt die laut Eigenbezeichnung «Vereinigung aller radikalen bildenden Künstler» ihr Ziel sei «die Vermischung von Volk und Kunst». Die Gruppe will die Kunst für die Bevölkerung öffnen, und z.B. die überkommenen Strukturen im Kunstbetrieb und der dazugehörigen Ausbildung oder auch in der staatlichen Museumspolitik reformieren. An der Gründung sind u.a. der Bildhauer Rudolf Belling, der Architekt Erich Mendelsohn, der Bildhauer und Kommunist Otto Freundlich und der bekannte Expressionist Max Pechstein beteiligt. Parallel gründet sich mit noch politischeren Absichten und mit vielen Doppelmitgliedschaften zur Novembergruppe der «Arbeitsrat für Kunst», der sich im Mai 1921 bereits wieder auflöst.

Die Liste der nie mehr als 120 gleichzeitig und insgesamt dann insgesamt circa 480 Mitglieder dieses links-demokratischen Zusammenschlusses liest sich wie ein Who-Is-Who der progressiven KünstlerInnen der klassischen Moderne und der Architekten des «Neuen Bauens» der Weimarer Republik. Der Platz der Novembergruppe ist aber weniger auf der Straße, als der im Atelier und im Museum, sie wirkt hauptsächlich durch knapp 40 Ausstellungen und kann zu Beginn auch Einfluss auf die staatlich-preußische Kunstpolitik nehmen, 1919 organisiert sie eine erste große Ausstellung - und wird von rechten Kräften vehement abgelehnt, wenn nicht diffamiert. Im Lauf der Zeit wird sie etwas sie anerkannter.

Die Novembergruppe verpflichtet sich intern einer Stilpluralität und widmet sich zuerst vor allem Architektur, der Grafik und selbstverständlich der bildenden Kunst. Später kommen dann Film, Theater und Musik hinzu. Sie bringt avantgardistische Kunst aus ganz Europa nach Berlin, und zeigt z.B. Werke des italienischen Futurismus oder von El Lissitzky.

Die Berlinische Galerie. Museum für moderne Kunst verfügt über umfangreiche, wenn nicht einzigartige, archivalische Quellen und wichtige Bestände von Werken von KünstlerInnen der Novembergruppe und zeigt diese nun in einer großen Ausstellung. Sie umfasst 120 Exponate, von denen viele im Ausstellungskatalog dokumentiert werden. Die Publikation kann als Standardwerk bezeichnet werden. Sie enthält ausführliche Artikel, die die Entwicklung der Gruppe nachzeichnen, diese wird dann nochmals in einer Chronik zusammengefasst. Der Katalog hebt die Namen der Mitglieder der Novembergruppe im Text durch die Schreibweise in Versalien hervor, eine hilfreiche Sache. Sein Erscheinen macht bewusst, dass eine vergleichbare aktuelle Publikation über den „Arbeitsrat für Kunst“ fehlt.

Die Ausstellung ist noch bis 11. März in der Berlinischen Galerie, Alte Jakobstraße 124-128, 10969 Berlin zu sehen.

Ralf Burmeister, Thomas Köhler, Janina Nentwig (Hrsg): Freiheit. Die Kunst der Novembergruppe 1918-1935, Prestel Verlag, München 2018, 48 EUR

Hinweis: Marcel Bois hat in seinem Aufsatz: Kunst und Architektur für eine neue Gesellschaft. Russische Avantgarde, Arbeitsrat für Kunst und Wiener Siedlerbewegung in der Zwischenkriegszeit, erschienen in Arbeit – Bewegung – Geschichte, Heft III/2017, S. 12–34 über den Arbeitsrat und sein Umfeld berichtet. Der Artikel ist hier als PDF online.