Besteht ein Unterschied zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus? Für Oliver Richters und Andreas Siemoneit schon. In ihrem Buch „Marktwirtschaft reparieren. Entwurf einer freiheitlichen, gerechten und nachhaltigen Utopie“ (oekom) grenzen sie Marktwirtschaft gegen Kapitalismus mit seinen selbstzerstörerischen Tendenzen ab, und zwar ausgerechnet mit Hilfe der sozialen Norm „Leistungsprinzip“.
Während das Leistungsprinzip für viele eine reine Ideologie oder bestenfalls ein selten erreichtes Ideal darstellt, argumentieren die Autoren, dass es als Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung die Gerechtigkeitsnorm schlechthin ist, lediglich komplementiert vom Sozialprinzip (Bedarf) einerseits und einer politischen Gleichheit andererseits. Sie halten Wirtschaftsliberalen und Wettbewerbsaposteln den Spiegel vor, indem sie aufzeigen, wo heutzutage der vielbeschworene Leistungswettbewerb vor allem verzerrt wird: durch ressourcenintensive Technologien, durch überhöhte Bodenpreise und durch Marktmacht aufgrund von politischer Einflussnahme und Ausnutzung von Abhängigkeiten. Insbesondere aber kann man mit Hilfe von Leistungsprinzip, Sozialprinzip und der scheinbaren Unaufhaltsamkeit des technischen Fortschritts erklären, warum Politik buchstäblich einem Wachstumszwang unterliegt, der bislang alle ökologischen Anstrengungen konterkariert.
Die Autoren skizzieren die „soziale Utopie der Marktwirtschaft“ als robustes, selbstregulierendes und gerechtes System, in dem die Preise tatsächlich die Leistungen der Menschen widerspiegeln. Das kann man mit wenigen, aber starken und konsistenten politischen Maßnahmen erreichen, hinter denen sich eigentlich eine breite politische Mehrheit versammeln könnte: eine institutionelle Deckelung der Rohstoffverbräuche, eine Bodenwertsteuer und eine Begrenzung großer Vermögen, die per se dem Leistungsprinzip widersprechen. Eine Gesellschaft, die dem Leistungsprinzip Geltung verschafft, wäre nicht nur deutlich weniger ungleich als heute, sondern müsste ökonomische Stabilität, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit nicht mehr gegeneinander ausspielen. Sie könnte den Marktkräften vertrauensvoll weitaus mehr überlassen als heute.
◾ Andreas Siemoneit ist Physiker und Wirtschaftsingenieur, er arbeitet als Softwarearchitekt und Systemberater. Sozialwissenschaftlich befasst er sich mit den anthropologischen Grundlagen von Ökonomie und Politik und promoviert an der Universität Oldenburg zu Wachstumszwängen. Er betreibt den Blog effizienzkritik.de.
Grünes Wachstum und Postwachstum: Bei Wirtschaftswachstum denken viele an verbesserten Lebensstandard und die Wahrung von Wohlstand. Weltweit wurden Millionen Menschen durch marktliberale Wachstumspolitiken der absoluten Armut enthoben. Damit ging bis jetzt auch immer eine Steigerung des Ressourcenverbrauchs und der Treibhausgasemissionen einher. Im globalen Norden scheint Wirtschaftswachstum als einzige Antwort auf technologische Arbeitslosigkeit und globalen Wettbewerb denkbar - eine Flucht nach vorne. Sie lässt Wirtschaftswachstum alternativlos erscheinen und legitimiert bestehende Ungleichheit mit den Arbeitsplatzverlusten, die bei ausbleibendem Wachstum drohen. Gleichzeitig aber überschreitet die Menschheit planetare Grenzen.
Dürfen wir angesichts von Umweltzerstörung und Erderwäremung weiter wachsen?. Kann es gelingen “grün” zu wachsen, also den Ressourcenverbrauch absolut von der Wirtschaftsleistung zu entkoppeln? Welche Wege gibt es, die Wirtschaftsleistung stabil zu halten, oder sogar zu schrumpfen? Und welche gesellschaftlichen Akteure können helfen eine solche Postwachstumsökonomie Wirklichkeit werden zu lassen?
Eine Veranstaltung in Kooperation mit den Rosa-Luxemburg-Stiftungen in Thüringen und Sachsen. Gefördert aus Mitteln der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg.
▸Die Vortrag findet im digitalen Raum statt. Wir bitten deshalb um Anmeldung per E-Mail über anmeldung@rls-hamburg.de. Bitte Namen und Wohnort angeben. Deine Anmeldung wird registriert. Die Zugangsdaten für die Veranstaltung verschicken wir am Tage der Veranstaltung an alle Angemeldeten per E-Mail
▸ Für die Teilnahme an der Veranstaltung wird ein Computer, Tablet oder Smartphone mit Internetanschluss und Lautsprecher benötigt. Fragen und Anmerkungen können auch über die Chat-Funktion eingebracht werden und sind herzlich willkommen.
▸ Zur Durchführung nutzen wir das Programm ZOOM. Für die Verwendung der Software ZOOM übernimmt die Rosa Luxemburg Stiftung keine Haftung. Die geltenden Datenschutzrichtlinien können hier eingesehen werden.
▸ Die Veranstaltung ist bereits 10 Minuten vor Beginn geöffnet. Nutzt diese Zeit gerne, um euch entspannt einzuloggen und euch ein wenig mit dem Programm vertraut zu machen.
▸ Die bei der Anmeldung erhobenen Daten werden gemäß Bundesdatenschutzgesetz und DSGVO vertraulich behandelt und dienen ausschließlich dem Zweck, Sie / Dich weiterhin über die Arbeit der RLS Hamburg zu informieren. Selbstverständlich haben Sie das Recht auf unentgeltliche Auskunft, Berichtigung, Sperrung oder Löschung Ihrer personengebundenen Daten, soweit dem keine gesetzliche Aufbewahrungspflicht entgegensteht. Für die Veranstaltung gelten die Datenschutzbestimmungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Kontakt
Rosa-Luxemburg-Stiftung Hamburg
E-Mail: info@rls-hamburg.de
Telefon: 040 28003705