Nachricht | „…the Struggle is not yet over. So join us, please“ - Denis Goldberg zum Gedenken

„…the Struggle is not yet over. So join us, please“
Der südafrikanische Freiheitskämpfer und Humanist, Denis Goldberg, verstarb am 29. April 2020 im Alter von 87 Jahren in Kapstadt.


Denis Theodore Goldberg wurde am 11. April 1933 in Kapstadt geboren. Er steht in einer Reihe mit anderen Anti-Apartheid-Aktivisten, schwarz und weiß, seiner Generation, die klare Haltung zeigten, persönliches Risiko eingingen und einen hohen Preis für den Kampf um die Freiheit in Südafrika zahlten. Nach 1990 repräsentiert diese Generation die aufrechten und integren Veteran*innen des Befreiungskampfes.
Wie eine Reihe ehemaliger südafrikanischer Aktivist*innen, die lange Zeit des „kurzen 20. Jahrhunderts“ nicht nur miterlebt, sondern durch ihre Entscheidungen und Handlungen auch prägten, veröffentlichte Denis 2010 sein Autobiographie, „Der Auftrag. Ein Leben für die Freiheit in Südafrika“ im Hamburger Verlag Assoziation A. Der Verlag bietet es als PDF zum freien Download an (https://www.assoziation-a.de/buch/Der_Auftrag).

Wie andere seiner Mitstreiter*innen der „Rivonia-Kohorte“, wurde Denis gewissermaßen in den Kampf um Recht und Freiheit hineingeboren. Gerne erinnerte er sich an seine Politisierung durch, die Zeitungslektüre auf dem Schoß seines Vaters Sam; seine Mutter Annie lehrte ihn Gerechtigkeit, Moral und Konsequenz. Denis und sein Bruder Allan wuchsen in einem linken, politischen Elternhaus auf, seine Eltern waren Mitglieder der Kommunistischen Partei Südafrikas. Daher pflegten sie auch Kontakte über die „Rasse“schranken hinweg, auch wenn in Südafrika schon vor der Apartheid Rassismus grassierte und legislativ verankert war.

Der Kampf gegen den Faschismus auf der Nordhalbkugel, an dem Südafrika – damals ein Teil des britischen Commonwealth – beteiligt gewesen war und der Kampf gegen die heimischen Nazis prägten seine Wahrnehmung früh, auch weil er in dem erhitzten politischen Klima als Jude geschmäht wurde. Eindrücklich hielt er seine Erfahrung fest, zu sehen, wie afrikanische Südafrikaner für ihre Würde stritten. Denis Leben im linken Milieu Kapstadts machte politischen Aktivismus zu etwas selbstverständlichem.

Der Wahlsieg der rassistischen und autoritären National Party 1948, die einige Größen südafrikanischer Nazis in ihren Reihen hatte, bedeutete keine grundlegende Änderung, waren doch kapitalistische Ausbeutung und rassistische Segregation schon vorher Normalität; unter dem Schlagwort „Apartheid“ wurde beides, Ausbeutung und Segregation jedoch systematisiert und verschärft. Der autoritäre Staat am Kap reagierte mit drakonischer Repression gegen die Opposition. Zwar traf die Selbstauflösung der Kommunistischen Partei 1950, um einem Verbot zuvorzukommen, die politische Linke hart; doch es tat weder seiner Einstellung noch seines Aktivismus einen Abbruch. Im gleichen Jahr begann Denis sein Studium als Bauingenieur an der Universität Kapstadt. Politik, mit der er so sehr aufgewachsen war, ließ ihn nicht los. Er wurde Mitglied der Modern Youth Society, eine linke Student*innenvereinigung, die allen Hautfarben offen stand und vor allem auf den Kontakt zwischen Student*innen aus der Mittelschicht und Arbeiter*innenklasse abzielte. In diesem Rahmen lernte er auch seine künftige Ehefrau Esmé Bodenstein kennen. Beide brachten sich in die Modern Youth Society ein, Denis war zur gleichen Zeit auch Mitglied im Congress of Democrats, einer Gruppe, die weiße Antirassist*innen und Kommunist*innen organisieren sollte. Denn die Oppositionsbewegung im Land war entsprechend der Gesetze der Segregation nach „Rassen“ getrennt: Schwarze, Coloured und „Inder“ hatten ihre eigenen Kongresse, African National Congress, Coloured People’s Congress und South African Indian Congress.

Die Allianz der Kongresse, dessen Führung der ANC übernahm, initiierte für das Jahr 1955 einen Volkskongress, in dem eine Art Verfassungsvorschlag der vom gesamten südafrikanischen Volk erstellt worden war, vorgestellt werden. Freiwillige agitierten in Stadt und Land für die Beteiligung der Menschen, vor allem der vom Wahlrecht ausgeschlossenen afrikanischen Bevölkerung; es sollten aus den verschiedenen Städten, Dörfer, Regionen Delegierte zum Volkskongress entsandt werden. Neben seiner Arbeit, seiner Familie – Tochter Hilary wurde 1955, Sohn David 1957 geboren – betätigte sich Denis unermüdlich in den Reihen der Opposition. Der Volkskongress mit seinen über 2000 Delegierten und die dort verabschiedete Freiheitscharta waren ein Höhepunkt des Aktivismus und wies in eine gerechte, freie und friedliche Zukunft des gesamten Landes.
Wie für die gesamte Opposition war die Freiheitscharta das zentrale inhaltliche und politische Dokument, dass eine Vision einer Nation nach der Apartheid formulierte. Nahtlos konnte er nach zweiundzwanzig Jahren Haft 1985 daran anknüpfen.

Aus der lebenslangen Haft wurden 22 Jahre. Diese Strafe wurde am 12. Juni 1964 nach dem halbjährigen Rivonia-Prozess über die verbliebenen acht Angeklagten verhängt. Im Falle von Hochverrat, der Denis, Nelson Mandela, Govan Mbeki, Andrew Mlangeni, Ahmed Kathrada, Elias Motsoaledi und Walter Sisulu zur Last gelegt wurde, hatte die Todesstrafe gedroht. Berühmt geworden ist Denis’ Ruf zu seiner Mutter bei Urteilsverkündung: „Life, life’s wonderful“.

Die Verurteilten wurden nach Hautfarben getrennt, Denis als einziger nach Pretoria in Gefängnis gebracht, seine Genossen auf die berüchtigte Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt.
In den kommenden Jahren teilte Denis mit vielen weißen Genossen die Zellen; auch der berühmte Anwalt Bram Fischer gehörte zu ihnen, wie ebenso Tim Jenkins, Alex Moumbaris und Stephen Lee, denen es gelang aus dem Gefängnis zu fliehen (und deren Flucht im Film Escape from Pretoria diese Jahr dramatisiert in die Kinos kam, www.theguardian.com/film/2020/mar/04/escape-from-pretoria-review-daniel-radcliffe-prison-drama).

Doch wie groß war der Schritt gewesen, den Denis gehen musste, um von der legalen in die illegale und militante Opposition zu gelangen?
Eigentlich war es ein fließender Übergang. Nach dem Massaker von Sharpeville 1960 kam die Kongressallianz zu dem Schluss, dass ihrem legalen Protest durch die Gewalt der Regierung Grenzen gesetzt waren. Denis, der 1957 in die klandestine South African Communist Part rekrutiert worden war, wurde auch gefragt, ob er dem „Speer der Nation“, Umkohonto We Sizwe (MK), angehören wolle, einer gemeinsam von ANC und SACP getragenen militanten Organisation, die den bewaffneten Kampf in Südafrika vorantreiben sollte. Denis sagte begeistert zu. Als Bauingenieur konnte er sein praktischen Wissen einbringen. In Kapstadt galt er schon als „Mr. Technico“ und war bekannt wie ein bunter Hund. MK veranlasste, dass er abtauchte und in Johannesburg unter anderem Namen seine Tätigkeit aufnahm. Hauptsächlich sprengte MK Telefonleitungen oder Strommasten und baute die Organisation auf, auch mit Auslandskontakten nach China und in die UdSSR, die sich als lifeline der Opposition erweisen sollten.
Doch das Apartheidregime war nicht untätig geblieben und hatte im Laufe der Jahre die eigenen polizeilichen und geheimdienstlichen Fähigkeiten wie auch die Kooperationen mit westlichen Diensten ausgebaut und professionalisiert. (Die Einführung der Folter gehörte ebenfalls dazu.)
Denis und seine Mitstreiter wurden am 11. Juli 1963 im Hauptquartier des Untergrund, der Liliesleaf Farm im Norden Johannesburg, festgenommen, die Polizei hatte ihr Versteck herausgefunden und gestürmt.
Schon in der 90-Tage-Schutzhaft, die die Polizei eingeführt hatte, und die sie willkürlich verhängen konnte, war sich ein Wärter sicher über das kommende Urteil: „Ihr werdet hängen“, sagte er Denis.

Doch es kam anders. Ein übereifriger Staatsanwalt und internationaler politischer Protest veranlassten den Richter „nur“ lebenslange Haftstrafen zu verhängen.

22 Jahre im Gefängnis, auf dieser Zahl imaginierte ich 2011 mir einen Widerstandskämpfer und Aktivisten, als ich zum ersten Mal mit Denis zusammen traf. Doch die 22 Jahre hatten Denis nicht zu dem gemacht, den ich erwartete: er war differenziert, nicht bitter, sehr überlegt und großherzig. Die eigene Menschlichkeit zu erhalten galt ihm und der Gefangenengemeinschaft als Ziel, es war eine Fortführung des Kampfes gegen das Apartheidsregime.
Konflikte untereinander blieben nicht aus, doch wichtiger als dies war es, sich gegen die Autoritäten Recht und Gesetz zu behaupten. Schrittweise erkämpften die politischen Gefangenen sich gewisse Rechte. Dazu gehörte es auch, ein Fernstudium zu betreiben. Denis studierte so unter anderem Deutsch und Verwaltungswissenschaft. Als über das letzte Thema sich seine Mitgefangenen amüsierten, wies Denis sie zurecht: wenn wir die Macht übernehmen, müssen wir vorbereitet sein.

Auch kleine Widerstandshandlungen waren essentiell und Teil der Strategie, sich nicht brechen zu lassen. Denis stickte sein Anagramm auf eine Hose. DTG, das D lag klein in einem großen G, durch dessen Bogen das T stach. Ein Wärter rief ihn zur Ordnung: Hammer und Sichel seien verboten zu tragen, Denis müsse das Symbol entfernen. Als Denis 2014 die Begebenheit zum Besten gab, herrschte einhelliges Gelächter über diese rebellische Aktion.

Auch Besuche durften die Gefangenen empfangen. Doch Esmé war mit ihren Kindern und Denis’ Mutter nach England geflohen, zu drückend waren die politischen Verhältnisse, zu groß die Ausgrenzung und die Gefahr der Repression. In London baute sie sich mit Hilfe ihrer Schwiegermutter ein neues Leben auf, am Rand der südafrikanischen Exilanten-Szene.
Hillary Hamburger übernahm es, die Besuchstermine wahrzunehmen. Besuch von außen war für das Überleben im Gefängnis überlebenswichtig. Hamburger (damals verheiratet mit dem linken Menschenrechtsanwalt Denis Kuny) war ein Teil des alternativen, apartheidskritischen Milieus, das in Johannesburg existierte und nahm sich Denis an. Denis fand in Hillary eine Freundin, der er ihr – in der Männergesellschaft der Gruppe der politischen Gefangenen – sein Herz, soweit es die überwachten Gespräche zuließen, öffnen konnte.

Hamburger erkannte, dass nach den vielen Jahren Haft, Denis als letzter Sträfling mit lebenslanger Haft – denn Bram Fischer war 1975 an Krebs verstorben – seinem individuellen Bruchpunkt nahekam. Achtundvierzig Genossen hatte er Lebewohl sagen müssen, sie wurden nach ihrer Haftstrafe freigelassen. Sowohl seine Mutter und sein Vater waren in der Zwischenzeit verstorben, seine Frau lebte im Exil, seine Kinder wuchsen ohne Vater auf.

Der Tod seiner Eltern war für Denis ein Schlag. Sein Vater war in Südafrika geblieben und hatte ihn mit Hillary Hamburger besucht; seine Mutter war zur Unterstützung ihrer Schwiegertochter mit nach England gegangen. Eine spezielle Art, die politischen Gefangenen zu strafen, war es, ihre Gesuche, bei der Beerdigung von unmittelbaren Angehörigen anwesend sein zu dürfen, abzulehnen. Denis entschied sich, kein solches Gesuch zu stellen, er wollte dem Regime nicht den Triumph der Ablehnung überlassen.

In den 1980er Jahre zeichnete sich ab, dass der Widerstand gegen die Apartheid, der nach dem Aufstand von Soweto 1976 wieder aufgeflammt war, nicht mit den herkömmlichen Mitteln unterdrückt werden konnte. Die politische Lage wurde unruhiger für das Regime in Pretoria. In diesem Moment konnte Hillary für Denis beim Justizminister vorsprechen und zugleich griff die israelische Regierung die Initiative eines Aktivisten, Herut Lapid, auf, dessen Mission es war Juden aus Gefängnissen herauszuholen. Da Lapid im gleichen Kibbutz lebte wie Denis’ Tochter, lernte er über den inhaftierten Freiheitskämpfer und griff den Fall auf. Auch Esmé versuchte sich für Denis’ Freilassung bei der britischen Regierung einzusetzen, aber Margret Thatcher, die die Abgeordnete von Esmés Wahlkreis North Finchley gewesen war, ließ alle Termine platzen.
Doch Denis war selbst aktiv geworden und hatte in einem Brief an den Staatspräsidenten seine Person und die politischen Optionen in die Diskussion gebracht.
Was letztlich entscheidend war, ist unklar, aber am 28. Februar 1985 wurde Denis Goldberg freigelassen. Er reiste über einen kurzen, politisch unglücklichen Aufenthalt in Israel, weiter nach London, zu seiner wieder vereinigten Familie.

In England begann er für den ANC zu arbeiten und wurde Sprecher bei zahllosen europäischen Organisationen, die den Kampf gegen die Apartheid unterstützten. Denis machte keinen Unterschied ob es Schulklassen, Gewerkschaften oder die evangelische Frauenbewegung waren, mit denen er über die rassistische Unterdrückung in seinem Land sprach. Alle waren wichtig, um Pretoria in die Defensive zu drängen, ja, um die Apartheid zu Fall zu bringen.
Bedingung seiner Freilassung war, dass er erklärte, sich nicht mehr am bewaffneten Kampf zu beteiligen. Er tat es nicht, auch wenn er nie von der Position abrückte, dass es für den ANC essentiell gewesen sei, in den afrikanischen Staaten, die im Exil gewährten, eine Armee unterhalten zu haben. Auch wenn sie nur geringfügig und in klandestinen Operationen in Südafrika zum Einsatz kam, wäre ohne sie der ANC ein zahnloser Tiger gewesen.

Beide Ehepartner benötigten Zeit, um nach so langer Zeit wieder zueinander zu finden, wie Denis ebenso sich wieder seinen Kindern annähern musste. Wenn er mit seiner politischen Arbeit an seine Tätigkeit vor der Verhaftung anknüpfte, so blieben große Aufgaben emotionaler Arbeit vor ihm. Und auch das Gefängnis hatte ihn verändert. Es hatte ihn, wie er schreibt, humaner gemacht: Schwächen musste er als Teil der menschlichen Existenz anerkennen und Wege finden, mit seinen eigenen wie denen anderer Genossen, umzugehen statt sie abzutun. Diese Anerkennung der menschlichen, emotionale Seite verschaffte ihm die Möglichkeit, zu seiner Familie zu finden.

Im Februar 1990 wurde Nelson Mandela aus der Haft entlassen und der ANC und die SACP legalisiert. Ein neues Kapitel begann. Viele Genossen gingen zurück, erst um den ANC in den bürgerkriegsähnlichen Machtkämpfen zu stärken, dann nachdem der ANC die ersten freien und gleichen Wahlen des Landes 1994 gewann, um das neue Südafrika aufzubauen. Denis Goldberg aber blieb bei seiner Familie in London. Seine Frau Esmé wollte nicht das Leben, das sie unter großen Mühen und Opfern aufgebaut hatte, wieder aufgeben. Denis widmete sich der Unterstützung der Aufbauarbeit in Südafrika. Eine Stiftung, Community H.E.A.R.T. (http://www.community-heart.org.uk/), die seine vielfältigen Kontakte in Großbritannien und Deutschland zu Hilfe nahm, sollten die Solidaritätsarbeit vom Kampf gegen Pretoria hin zu Wiederaufbaubemühungen eines verwüsteten Landes umzulenken und das Wissen der Bewegung für Gesundheit, Bildung und Hilfe zur Selbsthilfe zu nutzen.
Doch auch hier traf Denis, bei seiner unermüdlichen Arbeit und Organisation das Schicksal. Esmé wurde im Jahr 2000 schwer krank und starb nach 46 Jahren Ehe. 2002 kehrte er mit seiner zweiten Frau Edelgard Nkobi-Goldberg nach Südafrika zurück, wo sein Genosse Ronnie Kasrils ihm eine Stelle im Ministerium für Forst- und Wasserangelegenheiten in Pretoria anbot. Doch ein Schreibtischjob sagte Denis nicht zu, auch, weil er der Grenzen der „ausgehandelten Revolution“ gewahr wurde und die Kompromisse beim Übergang die grundlegend nötigen Veränderungen in Südafrika blockierten. Denis bemühte sich bis zu seiner Pensionierung 2006 als Berater, hatte aber wenig Erfolg. Mit dem Renteneintritt zogen er und Edelgard nach Kapstadt; sie war an Krebs erkrankt und starb im Dezember 2006.

Beide hatten noch ein neues Haus bezogen, in Kapstädter Vorort Hout Bay. In diesem Ort, den Denis als „Mikrokosmos“ Südafrikas bezeichnete, begann er Kultur als Mittel der Verständigung und der Befähigung zur Menschenwürde zu fördern. Denn, das hatte er durch seine unzähligen Reisen und seine vielen unterschiedlichen Freund*innen gelernt: zum Kampf um Befreiung gehört Kultur eindeutig dazu. Nachdem Denis Community H.E.A.R.T. verlassen hatte, baute er eine neue Kulturstiftung in Hout Bay auf, die das „Haus der Hoffnung“, „House of Hope“ plant (https://goldberghouseofhope.co.za/).

Seit seiner Freilassung gehörte Denis dem ANC an. Er war kein Amtsträger, sondern behielt seine Freiheit und seine Unabhängigkeit, die er vor allem in den letzten Jahren mehrfach für scharfe Kritik an der Staatsführung – und damit seiner Partei – genutzt hat (https://www.sozialismus.de/fileadmin/users/sozialismus/Leseproben/2014/Sozialismus_Heft_3-2014_Goldberg_Interview.pdf). Die grassierende Korruption und der Ausverkauf des Staates unter Jacob Zuma hat Denis, wie andere seiner Mitstreiter*innen dazu bewegt, den Rücktritt des Präsidenten zu fordern (https://www.rosalux.de/news/id/42118/denis-goldberg-1933-2020?cHash=702f2e10df1e878a49e04e1a4f09c589).

In Südafrika war schon von Anfang an Denis Goldberg dem Johannesburger Büro eng verbunden, das sich auch für die Publikation seiner Biographie auf Deutsch einsetzte. Er war oft in Deutschland zu Gast – auch bei der RLS (https://soundcloud.com/rosaluxstiftung/denis-goldberg-sued-afrika) –und pflegte bei den vielen Vorträgen auch seine Freundschaften, über alle Grenzen, auch die Altersgrenzen hinweg. Es waren nicht nur seine Erfahrungen, die ihn zu einem beeindruckenden Redner machten, sondern auch sein analytisch scharfer Verstand, sein Realitätsinn und seine Warmherzigkeit. Die Härten, die er im eigenen Leben erfahren hatte, fand er in Bertolt Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen“ aus dem Zyklus der Svendborger Gedichte reflektiert.

„Dabei wissen wir ja: / Auch der Haß gegen die Niedrigkeit / Verzerrt die Züge. / Auch der Zorn über das Unrecht / Macht die Stimme heiser. Ach, wir / Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit / Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr, aber, wenn es soweit sein wird / Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist / Gedenkt unserer / Mit Nachsicht.“

Noch im Januar 2019 insistierte er darauf, dass die Teilnehmer*innen einer Bildungsreise der RLS ihn zu Hause besuchte. Nicht nur, dass er um diesen Besuch kämpfte, er kämpfte auch gegen seine Krankheit, die ihn mehr und mehr in Griff nahm.

Denis Goldberg kämpfte einige Schlachten in seinem Leben. Bei manchen verlor er, manche gewann er, so auch den ersten Schritt zu Freiheit und Gerechtigkeit in Südafrika: das Ende der Apartheid. Vor drei Jahren wurde bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert, er kämpfte weiter – für sich und die Werte und Haltungen, die er zeitlebens vertreten und die ihn zu dem klugen, liebenswerten und ausdauernden Menschen gemacht haben, der er war. Ja, er konnte kantig sein, doch immer wieder reichte er die Hand und streckte sie aus, um Mitstreiter*innen zu gewinnen für das neue Südafrika. 2013 sagte er auf einer Veranstaltung im Liliesleaf Museum, dass der Sturz der Apartheid ein einfacher Schritt gewesen sei, im Verhältnis zu der Aufgaben, ein neues Südafrika aufzubauen, der Kampf sei nicht vorbei. „So join us, please“, forderte er die Zuhörer*innen auf.

Als grundsätzlicher Optimist war einer seiner Leitsprüche: „Tomorrow the sun will shine again.“
Jetzt ist das Licht dieses Kämpfers mit dem großen Herz, dieses ernsten und humorvollen Aktivisten erloschen. Nicht nur in Südafrika wird Denis Goldberg fehlen.

Amandla!